Biomechanik

 

Rutschen

Wenn die Skis unkontrolliert weg rutschen ist dies oft ein Zeichen von schlecht geschliffenen Kanten. Wir wissen, je schärfer geschliffen, desto besser halten sie auch auf hartem Schnee oder gar auf Eis. Wir können uns ohne weiteres vorstellen, wie dies auf weichem Schnee funktioniert.

 

 

Auf der Fläche a kann der Ski stehen ohne weg zu rutschen.

Wir sehen sofort, dass hier ein Zusammenhang mit der Waagrechten besteht!

 

 

Sobald der Winkel ALPHA grösser als null ist, beginnt der Ski zu rutschen. Wie steil die Piste ist spielt in keiner Weise eine Rolle, die Skis müssen in der Waagrechte sein oder leicht gegen den Hang geneigt.

 

 

Was geschieht nun bei hartem Schnee? Die Skis und deren Kanten funktionieren auf dieselbe Weise, unter der Voraussetzung, dass die Kanten gut geschliffen sind. Auch wenn der Ski auf nur 1 mm Breite hält, muss diese 1mm breite Auflage mindestens waagrecht oder mit einem negativen Winkel ALPHA sein. Je härter der Schnee, desto weniger Auflagefläche hat der Ski, doch der Schnee wird auch fester, so dass er diese doch relativ grossen Kräfte aufnehmen kann.

 

Unsere Skis sind allerdings nicht mehr gerade wie die „Pommes Frites“ von anno dazumal, sondern haben eine runde Form.

 

 

Wenn wir so an einem Hang stehen, wird der Ski gegen die Mitte hin stärker durch gebeugt als  an der Spitze und am Ende. Dies ist einerseits der Grund für die  „runde Schrägfahrt“ ,  beeinflusst aber auch das rutschen. Ist der Ski torsionsfest und (zu) hart, hat er eine Tendenz beim seitwärts rutschen vorne und hinten fest zu haken während er unter den Schuhen bereits rutschen will. Solche Skis vergeben nicht und verlangen eine permanente und gute Kontrolle.

Ist der Ski nicht torsionsfest, geben die Skiextremitäten schneller nach als die Skimitte deshalb ist der Ski angenehmer zu rutschen, genau das was Anfänger möchten.

 

 

Der Winkel ALPHA ist an den Skienden grösser als der Winkel BETA, die Skienden rutschen also besser. Kannten wir die Skis auf, so dass der Winkel BETA kleiner Null wird, der Winkel ALPHA hingegen noch grösser Null ist, stoppen wir.

 

Die Torsionsfestigkeit und die Skihärte (longitudinal, in der Längsrichtung) hängen nicht miteinander zusammen und die Kunst der Skihersteller ist u. A. die ideale Kombination dieser beiden Faktoren für eine bestimmte Fahrergruppe.

 

Rutschen beim Kurvenfahren

Beim Karven haben wir folgendes Bild

 

 

Nun ist nicht mehr die Horizontale Ausschlag gebend fürs Rutschen, sondern die Ebene a-a‘, denn sie ist rechtwinklig auf die resultierend Kraft. Diese wird im Stillstand (keine Zentrifugalkraft) durch das Körpergewicht dargestellt. Wenn wir nun die Knie nach aussen drücken beginnt es  zu rutschen, da der Winkel ALPHA negativ wird (BETA<90°).

Beim gerutschten Schwingen ist also BETA<90°. Die Kräfte sind jetzt allgemein grösser als beim normalen Rutschen und der Ski kann, wie wir bei Fig 3 und Fig 4 gesehen haben auf seiner Länge sehr unterschiedlich belastet werden. Vor allem bei extremem Querstellen der Skis auf harter Piste kann der Ski in Vibration geraten, denn die Skienden greifen erst wie die Ski Mitte, geben dann durch die Belastung nach und greifen auf Grund der nachfolgenden Gegenreaktion wieder. Der ganze Ski beginnt zu oszillieren. Das einzige Gegenmittel ist die Kurven runder zu fahren.

Komfort Skis haben dieses Problem viel weniger, da diese weniger torsionsfest sind, aber sie halten insgesamt auch weniger gut auf Eis, da nur der Mittelteil der Skis effektiv hält und dadurch auch schneller stumpf wird.

Wenn wir jetzt zum Kapitel Kurvendynamik zurückgehen, entdecken wir nun einen Haken. Schauen wir uns noch mal die Zeichnung an:

 

 

Wir hatten gesehen, dass durch diese Bewegung der Ski weniger aufgekantet werden muss. Der Ski ist jetzt nicht mehr im rechten Winkel zur resultierenden Kraft, auf deren Vektor ebenfalls der Schwerpunkt liegt. Der Winkel GAMMA ist kleiner als 90°, was in Fig 2 und Fig 5 einem Winkel ALPHA grösser als null (a>0) entspricht. Also sollte der Ski eigentlich von der Zentrifugalkraft getrieben wegrutschen! Weshalb tut er dies nicht?

Der Ski verhält sich nicht wie der Pneu eines Motorrades, wo die Haftreibung zwischen Gummi und Asphalt eine wesentliche Rolle spielen. Der Ski kann sich beim Kurven fahren aktiv in den Schnee „fressen“. Dadurch wird eine Arbeit verrichtet und wie wir wissen gibt es keine Arbeit ohne Kraftaufwand.

 

Schauen wir uns die Fig 8 mal an, einer Kurve im Flachen.

 

 

Der Ski gräbt sich eine gewisse Tiefe in den Schnee (a). Bei weichem Schnee natürlich mehr als bei hartem Schnee, und vor allem bei scharfen Kanten schneidet sich der Ski regelrecht in selbst härtesten „Schnee“. Es wird Arbeit in Richtung der Resultierenden Kraft R geleistet. Die dieser Arbeit entsprechende Kraft nennen wir s, deren vertikalen Anteil nennen wir s‘. Dies gibt uns eine neue Resultierende Kraft R‘.  Diese rechtwinklige Linie zu R‘  bildet nun mit der Horizontalen einen Winkel ALPHA‘‘ welcher kleiner ist als ALPHA‘, was uns erlaubt, den Ski flacher aufzukanten, als es nach erster Analyse zulässig wäre!

Die Sache verhält sich am Hang ähnlich, mit dem Unterschied, dass die Zentrifugalkraft zwar noch immer parallel zur Hangneigung ist, aber aus der Horizontalen fällt. Sehr wichtig ist einerseits, dass die Skis gut geschliffene Kanten haben, welche sich schnell in den Schnee einarbeiten können, anderseits, dass der Ski torsionsfest ist, damit er nicht an den Skispitzen und Skienden nachgibt, denn dadurch „verpufft“ (aus einer alternativen Sichtweise) die oben genannte Arbeit in der Verformung des Skis.

 

Hier findet Ihr zahlreiche meiner Videos über Skifahren.