Alle Anfänger haben die Tendenz in Rückenlage zu fahren. Wir versuchen natürlich dies von Anfang an zu korrigieren, was bei Erwachsenen auch recht gut funktioniert. Bei Kindern ist dies etwas langwieriger und dies hängt meiner Ansicht vor allem vom Alter der Kinder ab, so dass es bei sehr jungen Kindern meist gar nichts nützt auf die Vorlage zu pochen. Im Folgenden werde ich erklären, wie ich zu diesem Schluss gekommen bin..
Während vieler Jahre dachte ich, dies sei auf Grund der harten Skischuhe so, da die Kinder die Kraft nicht hätten nach vorne zu liegen. Aber ich hatte in den letzten Jahren immer mehr Schuhe gesehen, welche gut den Erfordernissen der Kinder entsprachen. Ein wichtiger Faktor, weshalb man nach hinten liegt, ist sicher die Angst auf die Nase zu fallen, weshalb Erwachsene, wie auch Kinder, nach hinten liegen. Auf seinen Hintern zu fallen ist wesentlich weniger schmerzhaft als nach vorne. Ausserdem ist mir aufgefallen, dass die Kinder viel einfacher aus der Sitzposition mit den Skiern im Pflug aufstehen als aus der Seitenlage mit beiden Skiern parallel auf der Talseite des Körpers. Anfangs schien es mir klar, dass die Kinder nur deshalb aus der Sitzposition mit den Skiern im Pflug aufstanden, da sie eben so gefallen waren. Wieso sollten sie die Skier noch drehen und wenden um dann so auf zu stehen, wenn es doch einfacher geht? Kinder haben ihren Hintern ohnehin schon recht nahe am Boden und riskieren keinen harten Sturz wenn sie auf den Popo fallen. Sie lassen sich manchmal sogar freiwillig fallen wenn sie zu schnell werden und bremsen mit Hindern und Pflug. Und dann... hopp, mit dem Hintern wieder hoch und weiter im Pflug! Mit unglaublicher Leichtigkeit hebeln sich die Kleinen hoch, die Beine ganz steif, und fahren weiter; wir Erwachsenen könnten das unter keine Umständen.
Könnten wir dies tatsächlich nicht? Wenn wir es versuchen, merken wir, dass es möglich ist, aber sehr viel Kraft brauch, soviel, dass es für nicht besonders sportliche Leute praktisch unmöglich wird. Es muss also einen physikalischen Grund geben, wie derjenige welcher uns erklärt, wieso Tiere die im hohen Norden leben im allgemeinen grösser sind als ihre südlichen Verwandten (z.B. sind Eisbären ein Stück grösser als Braunbären und diese sind grösser als ihre Verwandten in den Tropen).
Schauen wir uns die Proportionen der Körpergrösse bei Kindern und Erwachsenen an.
In der Rückenlage üben wir einen Hebelwirkung auf den Ski Schuh aus. Bei einem angenommenen Winkel von 30° haben wir bei einem Erwachsenen einen Hebelarm von ca. 45 cm (a) im Schwerpunkt und etwa 30 cm (b) bei einem Kind von 120 cm Länge (ca. 22 Kg schwer und 6 Jahre alt). Dies ergibt für einen Erwachsenen von 180 cm und 80 Kg Gewicht eine Moment (Kraft) von 36kgm, wo hingegen das Kind nur 6.6 kgm Kraft aufwenden muss. Nun hat es natürlich auch weniger Kraft, doch es ist auch leichter. Das Kind ist ca. 3.7 Mal leichter als unserer Erwachsener, muss jedoch ungefähr 5.5 Mal weniger Kraft aufwänden wie dieser. Die Muskelkraft ist proportional zum Muskelgewicht (Volumen). Die Kraft ist also linear mit dem Körpergewicht verbunden. Wenn wir das Körpergewicht des Erwachsenen mit dem des Kindes vergleichen und mit der benötigten Kraft ins Verhältnis setzen sehen wir, dass das Kind ungefähr eineinhalb Mal weniger Kraft Braucht. Dabei ist ausserdem zu beachten, dass bereits ein kleines zusätzliches Übergewicht beim Erwachsenen zu dessen Nachteil ausfällt!
Wir können jetzt also sagen, dass ein Kind nur 2/3 der Kraft eines Erwachsenen braucht um sich in der Rückenlage(bei 30°) zu halten. Heben sie mal ein Gewicht, welches noch angenehm ist, dann versuchen sie dasselbe noch einmal mit 50% mehr Gewicht (2/3 +50% = 3/3). Möglicherweise schaffen sie es gar nicht!.
Für ein Kind ist es also sehr einfach und angenehm in Rückenlage zu fahren. Wenn wir ihm also unsere rationellen Argumente auftischen, hat es keine Grund uns zu glauben da seine Erfahrung ihm was ganz anderes sagen. Ausserdem ist es ja in einer komfortablen Situation wenn es die Kontrolle verliert, denn es muss sich nur auf seinen Hintern fallen lassen und schon bremst es. Unser Argument, dass man in Rückenlage nicht gut Ski fahren könne, ist also teilweise falsch: es reicht kleinen Kindern zu zuschauen. Es ist „nur“ eine Frage der Kraft (und ein paar anderen unzweifelhaften Vorteilen ) welche uns die Vorlage einnehmen lassen. Wenn die Kinder grösser werden, arbeiten die physikalischen Gesetze für uns Skilehrer und mit einer besseren Technik die mit vorschreitendem Alter kommt, können die Vorteile der Vorlage vollumfänglich ausgenützt werden.
Ich glaube, es ist gut die Vorlage alters-und Situation gemäss im Unterricht ein zu bringen, aber probiert nicht auf Teufel komm raus diese durch zu setzen, weil ihr es mal so gelernt habt. Es gibt andere Dinge welche von den Kindern leichter umgesetzt werden und welche sie Ski fahrerisch besser vorankommen lassen. Die Vorlage kommt, etwas später, auch noch zum Zuge.
Hier findet Ihr zahlreiche meiner Videos über Skifahren.